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DELF: Micro Journaling gegen negative Gedanken

Mit deiner Schwarzmalerei könnte man ganze Galerien bestücken? Und deine Fehler laufen in Dauerschleife in deinem Kopfkino? Wenn du zu Pessimismus, Selbstkritik und trüben Gedanken neigst, kannst du mit der DELF-Methode deine Stimmung zurück in eine positive Richtung lenken.

Gedankenwandern als Ursache für Unglücklichsein

Einer Harvard-Studie zufolge verbringen wir knapp 50% unserer wachen Zeit in Gedanken, d.h. wir grübeln über Zukunft oder Vergangenheit nach, tagträumen oder verlieren uns in Fantasien. Jedenfalls beschäftigen wir uns nicht mit dem gegenwärtigen Augenblick. Das wäre an sich ja halb so schlimm, hätten die Wissenschaftlicher nicht herausgefunden, dass genau dieses Herumwandern unseres Verstands eine der Hauptursachen für Unzufriedenheit ist. „Ein herumwandernder Geist ist ein unglücklicher Geist“, fassen die Forscher zusammen.

Sie ließen Probanden mithilfe einer App erfassen, wie sie sich fühlten, was sie zum jeweiligen Zeitpunkt getan und gedacht hatten. Das Ergebnis: Ja, es gibt Aktivitäten, die Menschen eher glücklich machen als andere. Sex, persönliche Begegnungen und Sport. Schlechte Stimmung kommt eher auf, wenn man sich ausruht, am heimischen Rechner sitzt oder arbeitet. Aber wirklich interessant war, dass das Umherschweifen der Gedanken verlässlicher hervorsagt, ob ein Mensch guter Stimmung ist oder nicht.

Ist er mit seinen Gedanken in der Vergangenheit oder Zukunft unterwegs, wirkt sich das auf sein Erleben im Moment aus – da wird Sex plötzlich fad, Sport zu einer Quälerei und der Kaffeeklatsch mit Freunden zu weißem Rauschen.

„Wie häufig unsere Gedanken das Hier und Jetzt verlassen ist ein besserer Indikator für unser Glück als Aktivitäten.“

Gedankenwandern ist also nicht die Folge, sondern eine Ursache von schlechter Stimmung. Im Umkehrschluss führt das bewusste Wahrnehmen des Moments, das Ankommen im eigenen Körper, das aufmerksame Zuhören im Gespräch mit anderen, zu einem Gefühl von Lebendigkeit und Freude.

Gegenmittel: DELF, mehr als Dankbarkeit

Der US-Achtsamkeitstrainer Donald Altman hat eine Methode entwickelt, um negative Gedankenwanderungen zu unterbrechen und das Bewusstsein zu trainieren, das Schöne und Gute wahrzunehmen, was bereits jetzt da ist.

Er nennt die Methode GLAD. Ein Akronym für gratitude, learning, achievement und delight. Ich taufe sie, weil ich Freund der deutschen Sprache bin, in DELF um: Dankbarkeit, Erfolg, Lernen und Freude.

DELF setzt auf der Wirkung von Dankbarkeit auf. Da aber Dankbarkeit oft ein schwer zugängliches Gefühl ist, wenn sich depressive Stimmung bereits eingenistet hat. Deswegen hast du mit DELF noch drei weitere Einfallstore für Glücksgefühle: Vielleicht hast du einen konkreten Erfolg erzielt, hast etwas Neues gelernt eine überraschende Freundlichkeit erlebt.

Damit die Methode wirkt

Damit DELF dein Denken von negativen Verzerrungen, Zynismus und Selbstkritik befreien kann, musst du regelmäßig, am besten täglich schreiben, und etwas Geduld mitbringen. Denn DELF braucht ein paar Tage bis Wochen, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken.

Stell es dir wie eine Leiter vor, die du hinaufkletterst. Indem du den guten Erlebnissen deines Tages nachspürst, erlebst du bereits nach dem ersten Schreiben einen Hauch von Glücksgefühl. Doch ein echter Höhenunterschied wird erst sichtbar, wenn du Sprosse um Sprosse nach oben steigst und Tag für Tag ein paar Zeilen zu Papier bringst.

Wenn es dir gelingt, dich selbst für ein paar Wochen zum DELFen zu verpflichten, bringst du dein Gehirn immer mehr in einen Suchmodus. Du weißt, dass du abends deinen Tag Revue passieren lässt und hältst deswegen unbewusst bereits tagsüber Ausschau noch potenziell notierwürdigen Erlebnissen.

Tipps fürs tägliche DELFen

DELF hiflt, den eigenen Fokus auf das Gute und Schöne des Alltags zu lenken.

Es reicht völlig aus, wenn du für jeden Buchstaben einen ehrlich von dir so gefühlten Punkt notierst.

D: Dankbarkeit

Es lassen sich vier verschiedene Arten von Dankbarkeit unterscheiden.

  1. Dankbarkeit, dass grundlegende, überlebenswichtige Bedürfnisse erfüllt sind wie Essen, Trinken, Kleidung und einen sicheren Schlafplatz.
  2. Persönliche Dankbarkeit bezieht sich auf Annehmlichkeiten, darauf, einen Job zu haben, in einer Wohnung zu leben, sich fortbewegen zu können.
  3. Die dritte Art der Dankbarkeit bezieht sich auf deine sozialen Kontakte und die Möglichkeiten, die du im Leben hast und die dir Freude und Sinn bringen.
  4. Paradoxe Dankbarkeit als vierte Art bezieht sich darauf, einen Lichtstreif am Horizont zu sehen, wenn man mit persönlichen Krisen und Krankheiten zu kämpfen hat.

Erfolg

Mit Erfolg verbinden wir gerne große berufliche Meilensteine und persönliche Träume. Die Beförderung, die Unternehmensgründung, den Hauskauf, die Weltreise, die finanziert werden will.

Dabei fängt Erfolg im Kleinen an.

Ist es dir gelungen, dich heute gesund zu ernähren? Hast du dafür gesorgt, dass du genug Schlaf bekommst? Bist du zum Sport gegangen und hast dich um deinen Körper gekümmert? Würdige solche vermeintlichen Kleinigkeiten. Sie sind die Basis für jeden größeren Erfolg.

Lernen

Donald Altman schlägt drei Richtungen vor, um über Lernerfolge nachzudenken: Hat du etwas Neues über eine andere Person gelernt? Hast du etwas Neues über dich selbst gelernt? Hast du eine neue Tätigkeit gelernt oder neues Wissen gesammelt?

Freude

Denk hier nicht lange nach, sondern spüre nach. Was waren die Momente, die deine Mundwinkel magisch nach oben gezogen haben, die dich laut haben lachen oder mit einem seligen Gefühl still haben staunen lassen? Jeder Augenblick, der dir Freude oder ein Gefühl von Hoffnung geschenkt hat, hat hier einen Platz.

Micro Journaling: DELF im Vergleich zu andere Methoden

Das Großartige an DELF: Die Methode ist extrem schnell erledigt und damit super depressionsfreundlich. Zu fünf Minuten Journaling kannst du auch hartnäckig unmotivierte oder resignierte Anteile in dir überreden.

Anders als ein Depressionstagebuch, das die besonderen Herausforderungen in einer depressiven Episode aufgreift, konzentriert sich  DELF auf das Positive – und ist damit immer die richtige Wahl. An guten und schlechten Tagen.

5-Minunten-JournalFalls du einwendest: Dafür gibt’s doch das 5-Minuten-Journal?! Dann schau es dir selbst an. Das ist eine ganze Nummer umfassender. Denn da darfst du zwei Mal am Tag ran. Und du „sollst“ mit Affirmationen arbeiten und dir schöne Erlebnisse vornehmen.

5-Minuten-Journal herunterladen

 

Das ist an sich eine tolle Sache, kann aber in wirklich sehr niedergedrückten Phasen bereits eine Überforderung sein. DELF ist in dieser Hinsicht eine maximal reduzierte Form des 5-Minuten-Journalings. Hier geht’s darum, gute Gefühle wieder hervorzulocken. Kein Vorausplanen notwendig. Einmal am Tag Schreiben reicht.

Natürlich hat es Vorteile, bereits morgens mit einem Plan in den Tag zu starten – und dafür gibt es tolle vorgefertigte Journale wie Hallo Klarheit oder Ein guter Plan. Und auch für eine tiefergehende Selbstreflexion sind andere Methoden wie die Morgenseiten oder ein strukturierter Kurs besser geeignet. Aber deswegen ist DELF nicht schlechter.

DELF ist wie eine schnelle Yogarunde nach Feierabend. Zwei Stunden-Workouts sind auch toll, aber manchmal sind 15 Minuten Yoga alles, was drin ist. Und danach fühlst du dich etwas besser und nach ein paar Tagen ist dann vielleicht doch der Gang zum Fitnessstudio drin.

 

 

2 comments

  1. Christine Köhl says:

    Danke Dir sehr für diese Zeilen, lieber Paul ! Sie kommen genau zur richtigen Zeit für mich:
    An einem miesgrauen Sonntag, die Stimmung seit Wochen im Keller angelangt. Ich werde DELF jetzt gleich beginnen… so eine kurze Übung ist sicher gut schaffbar.
    Einen chilligen Sonntag Dir noch !
    von Tine

    • Paul says:

      Hey Tine, das freut mich, dass du es ausprobieren willst. Auf jeden Fall schaffbar 🙂 ich wünsch dir, dass du bald erste goldene Punkte im Grau entdeckst…

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