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Journaling-Übung: Vom Kopfchaos zu innerer Klarheit

Es braucht nur einen Moment, um dein Leben auf den Kopf zu stellen. Gesund und chronisch krank, verlobt und alleinerziehend, erfolgsverwöhnt und arbeitslos sind nur wenige Worte voneinander entfernt. Manchmal schüttelt uns das Leben ordentlich durch oder wirft uns komplett aus der Bahn. Neulich ist mir eine neue Journaling-Übung begegnet, die genau in solchen Momenten hilft. Ich habe sie getestet. Zur Nachahmung empfohlen. 

Was ist als nächstes zu tun? Wie fühle ich mich überhaupt? Was ist jetzt wirklich wichtig? In welche Richtung will ich weitergehen?

Wenn mir zehntausend Fragen im Kopf herumschwirren, ist es für mich unmöglich diese durch bloßes Erdenken von Antworten zum Schweigen zu bringen. Kaum beginne ich einen Ansatz einer Antwort zu finden, schreien Zweifel und Ängste so laut, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann und nur noch sprachlos zurückbleibe. Verwirrter und hoffnungsloser als zuvor. Mit jedem weiteren gescheiterten Denkversuch versinke ich ein Stück tiefer im emotionalen Loch.

Kennst du solche Situationen von absoluter Überforderung, Verzweiflung, Hilflosigkeit?

Eigentlich bist du erwachsen und weißt, dass du auch schwierige Situationen schon irgendwie bewältigen wirst. Eigentlich bist du der Typ, der anpackt und losgeht. Eigentlich gehörst du zu den Optimisten.

Aber gerade ist nur Chaos im Kopf.

Egal, ob es sich um einen absoluten Ausnahmezustand handelt oder um eine kleinere innere Verwirrung, um von Hoffnungslosigkeit zu Handlungsfähigkeit, von innerer Leere zu innerer Klarheit zurückzufinden, kannst du das Schreiben nutzen.

Warum Journaling?

Es kann dir helfen

  • mit deinen Gefühlen in Kontakt zu kommen
  • deine Emotionen zu verarbeiten
  • mit der Vergangenheit abzuschließen
  • neue Ideen und Perspektiven zu entwickeln
  • Prioritäten zu klären
  • wieder in deine Kraft zu kommen

Wenn du hilfreiche Fragen schriftlich und spontan beantwortest, hast du Zugriff auf unbewusste Ressourcen. Dein Unterbewusstsein schenkt dir Einsichten und Erkenntnisse, auf die du trotz aller bewussten Anstrengung in deiner aktuellen Situation nicht gekommen wärst.

Die 4-Schritte-Übung

Es gibt viele Möglichkeiten, die passenden Fragen zu finden. Eine Möglichkeit ist die Strukturierung des eigenen Themas in vier Schritte.

  • Fakten
  • Gefühle
  • Erkenntnisse
  • Handlung

Pro Schritt nimm dir zwei bis drei Minuten Zeit. Die hast du. Auch wenn du sicher mit Durchdrehen ganz furchtbar beschäftigt bist.

1. Fakten

Zuerst beantworte dir die Frage: Was sind die Tatsachen? Was passiert gerade?
Schreibe eine Liste, keinen Fließtext. Halte es kurz und einfach. Schließlich geht es darum, dein Kopfchaos zu entwirren und dich erstmal warum zu schreiben. Dabei muss nicht jeder Aufzählungspunkt tiefgründig sein. Gehe vom Naheliegenden aus. Eine Liste könnte zum Beispiel so aussehen:

Ich mache die Vier-Schritte-Übung.
Ich kann seit Tagen nicht mehr schlafen.
Ich weiß nicht, wie ich eine Wohnung finden soll.

Unterschätze nicht die klärende Wirkung, die das Auflisten von Fakten hat. Nichts ist zu banal, um aufgeschrieben zu werden.

2. Gefühle

Im zweiten Schritt betrachte deine Gefühle zu den aufgelisteten Fakten. Gehe die Liste Punkt für Punkt durch. Spüre in dich hinein und mach anschließend Notizen: Wie fühlst du dich in dieser Situation? Was macht dir Angst? Wobei findest du neue Energie? Wo spürst du die Emotion in deinem Körper?

Die Liste an Fragen ist nicht abschließend. Erkunde, welche Emotionen dich gerade bewegen. Betrachte dunkle genauso wie helle. Trauer, Wut, Ekel, Verzweiflung genauso wie Freude, Hoffnung und Sehnsucht.

Die Trennung von Fakten und Gefühlen mag etwas künstlich erscheinen, aber sie ist hilfreich. Denn so kannst du die Gefühle nach und nach betrachten. So wie sie sich zeigen, ohne von ihnen ganz überwältigt zu werden. Wenn du sonst wenig über deine Gefühle sprichst, kann die Übung dich unterstützen, in Ruhe Worte zu finden, auf die du dann in Gesprächen zurückgreifen kannst, wenn du mehr von deiner Innenwelt teilen willst.

3. Erkenntnisse

Im dritten Schritt geht es daran, deine Erkenntnisse festzuhalten. Leitfragen können sein:
Was verstehe ich jetzt? Was lerne ich aus dieser Erfahrung? Wie interpretiere ich die Fakten und Gefühle? Welche Chancen kann ich erkennen?

“Welche Erkenntnisse?”, magst du denken. Ich befinde mich mitten im emotionalen Ausnahmezustand und mein Hirn produziert alles, nur keine Erkenntnisse. Jein. Den Ausnahmezustand mag ich gelten lassen. Erkenntnisse sind aber trotzdem in dir. Du musst nur ein wenig (ausdauernder) nach ihnen graben.

Lies die Fakten und Gefühle so, als wären sie Beschreibung eines anderen. Wenn ein Freund dir das alles erzählt hätte, welche Erkenntnisse könntest du dann herausfiltern? Dieser simple Gedankentrick funktioniert immer wieder. Zum Glück sind wir Menschen manchmal doch recht einfach gestrickt.

Schreib ohne Ansprüche. Nicht jede Erkenntnis muss großartig und praktisch anwendbar sein. Dazu kommen wir im nächsten Schritt. Fang mit einfachen Beobachtungen an und schreib einfach weiter. Auf einer meiner Listen steht zum Beispiel Schlagworte wie: “Meditieren macht den Tag produktiver”, “Mehr Fragen stellen” oder “Geschichte wiederholt sich, bis wir aus ihr gelernt haben” mit ein paar Erläuterungen für mich, wie mir das klar geworden ist und was ich damit genau meine…

Nach etwas Aufwärmphase kommen wir häufig zum eigentlichen Kern. Stell dir einen Timer auf fünf Minuten und lass dich überraschen, wie viele gute Gedanken, wie viel Weisheit du auch im größten Chaos noch in dir hast. Und nochmal, lass die Erwartungen weg. Nicht jede Erkenntnis muss völlig neu sein. Manchmal ist es wichtig, Altbekanntem durch das Aufschreiben neues Gewicht zu verleihen.

4. Handlung

Jetzt geht es ums Tun. Was fängst du mit den Fakten, Gefühlen und Erkenntnissen an? Welche konkreten Schritte willst du als nächstes unternehmen?

Konzentriere dich darauf, drei nächste Handlungen festzulegen. Du brauchst keinen Aktionismus, sondern geplantes Vorgehen. Versteh das Wort Handlungen dabei so weit oder eng, wie es sich für dich passend anfühlt. Ob du sie mit Datum und Uhrzeit versiehst (bis 30.5. mit Herrn A. sprechen/ bis Freitag 10 Angebote einholen für B.) oder sie allgemeine Wegweiser für dich sind (Ruhe bewahren, nichts übereilen). Du bestimmst.

Vielleicht fühlst du dich nicht in der Lage, die eine oder andere Entscheidung zu treffen. Dann überlege: Wo kannst du die notwendigen Informationen erhalten? Wen kannst du um Unterstützung bitten? Nicht alles musst zu alleine bewältigen. Manchmal ist es genau der richtige nächste Schritt, um Hilfe zu bitten.

Persönliches Fazit

Mir hat die Übung geholfen, mich aus Worst-Case-Szenarien zu befreien und etwas Struktur in meine Gedanken und Gefühle zu bringen. Ich wünsche dir, dass dir die Methode Ähnliches bringt und zu einem hilfreichen Mittel in deinem Notfallkoffer gegen Chaos- und Überforderungsanfälle wird.

Zu welchem Thema wünschst du dir zurzeit mehr Klarheit?

One comment

  1. Tomek says:

    Ich bin ein sehr großer Fan vom “Denken auf Papier” 🙂
    Genauso wie du schreibe ich auch die Dinge auf, die mich bewegen. Meistens sind das Ereignisse aus der Vergangenheit die mich nicht loslassen.

    Ich reflektieren dann, warum diese Situation so geschehen ist, was ich aus der Situation lernen konnte und was ich in Zukunft besser machen werde.

    Danach zerknülle ich das Papier und werfe es weg 🙂 Genauso weg ist dann mein Gedanke aus meinem Kopf.

    Viele Grüße und viel Erfolg
    Tomek

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