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Tanja Salkowski von sonnengrau

Zum Glück gebloggt: Interview mit Tanja von sonnengrau

Bloggen eröffnet neue Perspektiven. Auch wenn das Leben gerade ziemlich düster erscheint. Anders als es viele Lifestyle-Unternehmer vermitteln, muss man nicht dauernd hell-yeah-gestimmt sein, um aus dem Schreiben heraus einen Beruf zu entwickeln. Im Interview teilt Tanja von sonnengrau ihre Erfahrungen mit dem Bloggen während, trotz und mit Depressionen und zeigt, dass Erfolg und Depression zusammengehen können.

Tanja lebt mit Depressionen und hat ihren Blog startet, um über ihren Alltag und seine Hindernisse zu schreiben. Mittlerweile ist ein Buch entstanden, sie hostet eine Radiosendung und arbeitet als freie Journalistin. Eine tolle, mutige Frau.

10 Fragen an Tanja Salkowski von sonnengrau

1. Wie würdest du deine Krise beschreiben, die dich zum Bloggen geführt hat bzw. welche Rolle spielt das Bloggen dabei, deine Depression im Griff zu halten?

Ich habe durch die Depression erfahren, wie schwer es ist einen Therapieplatz zu finden, wie viele Freunde nicht mehr Freunde sind und wie Arbeitgeber reagieren können, wenn du ehrlich und offen über diese Erkrankung sprichst. Das hat mich wütend gemacht. Ich wollte etwas verändern, indem ich rede. Da ich besser schreiben kann, als reden, habe ich den Blog initiiert, um über meinen Alltag mit Depressionen zu schreiben. Um zu zeigen, dass depressiv erkrankte Menschen keine „Monster“ sind. Und um zu zeigen, welche Defizite im Gesundheitssystem herrschen.

Ich habe durch den Blog meine Depression nicht im Griff. Da spielen noch ganz viele andere Faktoren eine Rolle. Aber der Blog und das Schreiben helfen mir, mich selbst zu reflektieren. Und Selbstreflektion ist ein wichtiger Baustein, um zu verstehen, warum wir so ticken, wie wir ticken.

2. Jeder kennt wohl die Angst davor, den Veröffentlichen-Button zu klicken. Was gibt dir den Mut, auch persönliche Einblicke mit einer nicht absehbaren Zahl unbekannter Menschen im Netz zu teilen?

Ehrlich gesagt, denke ich beim Veröffentlichen gar nicht mehr daran, wie viele und wer dies alles lesen könnte. Ich möchte authentisch sein. Wer authentisch ist, dem kann gar nichts passieren. Dem kann niemanden mehr ans Bein pinkeln. Ich mache mich dadurch unverletzbar. Die Welt ist schon unpersönlich genug – es braucht mehr Offenheit und Ehrlichkeit, um etwas verändern zu können.

3. Was sind 3 Dinge, die du durch das Bloggen gelernt hast, die du nicht erwartet hattest?

1) Niemals negative Kritik persönlich nehmen, denn:

2) Alles, was ich schreibe, ist gut, weil ich es geschrieben habe, wie ich es möchte und fühle

3) Bloggen kann eine Chance sein

4. Was ist oder war das schwierigste am Bloggen und was ist deine Strategie mit der Herausforderung umzugehen?

Das Schwierigste war den Blog einzurichten. Ich bin nicht so technik-affin. Das hat Stunden gedauert. Hab mich durchgefuchst, rumgegoogelt, in Foren gelesen. Oder vielleicht mal einen Freund fragen, der sich damit auskennt.

5. Vor welcher falschen Erwartung möchtest du Leser warnen, die Bloggen nutzen wollen, um sich aus einer Krise zu befreien oder um ihre psychische Gesundheit zu verbessern?

Das Bloggen befreit dich nicht von der Depression. Es ist eine Möglichkeit von vielen. Es ist eine Möglichkeit, dich auszudrücken. Manche malen, machen Musik, schreiben Gedichte – und manche bloggen. Schon das alleine, tut gut. Erwarte nichts – mach es einfach!

6. Wie gehst du mit Selbstzweifeln, allgemein und beim Schreiben, um?

Früher habe ich über jedes Wort nachgedacht. Ich habe mich gefragt, was jetzt der Leser denken würde, wenn er das jetzt liest. Es hat ein paar Monate gedauert, aber letztendlich ist es mir heute relativ egal, was Leser denken könnten, wenn sie meine Einträge lesen. Ich schreibe es so, wie ich es empfinde. Die einen finden es gut, die anderen nicht. Das ist ok. Aber deswegen bin ich doch nicht ein schlechter Mensch. Ich bin gut so, wie ich bin. Und jeder, der mit mir ein Problem hat, der hat in meinem Leben nichts verloren. Ich bin da knallhart und konsequent geworden. Ich muss nicht jedem gefallen. Das wäre ja unfassbar aufwendig, wenn ich mich nur darum kümmern würde 😉

7. Welcher Artikel auf deinem Blog liegt dir am meisten am Herzen und warum?

Ach, alle. Alle sind in einer bestimmten Situation entstanden und sind richtig, so wie sie sind.

8. Welchen Rat würdest du deinem Ich geben, das noch ganz am Anfang des Bloggerwegs steht?

Nicht lange zweifeln – machen!

9. Zwei  Literaturtipps: einen zum Schreiben, einen zum Wachsen – welche Bücher sollte man unbedingt lesen?

Alle Bücher von Andreas Altmann. Ein Wort-Akrobat der ersten Klasse. Und durch seine Reisegeschichten lernt man unfassbar viel über das Menschsein.

10. Welche Pläne hast du mit deinem Schreiben oder konkret deinem Blog?

Mein Blog bleibt weiterhin bestehen. Ich schreibe dann etwas, wenn ich in Stimmung bin. Das ist ja das Schöne: Ich zwinge mich nicht dazu, jeden Tag einen Beitrag zu schreiben, sondern nur dann, wenn etwas aus mir heraus will. Und die Leser sind mir deswegen nicht böse.

Ich habe zudem einige Buch-Ideen im Kopf und werde mich auch aufs Bücherschreiben konzentrieren.

 

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