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gilbert belo - der seele ungeheure kraft

Angststörung: Wie Gilbert Belo das andere Schreiben entdeckt

Die eigene Geschichte aufzuschreiben kann helfen. Besonders in Krisen! Gilbert Belo hat genau das getan. Er litt unter einer Angststörung. Seinen Weg in ein neues Leben hat er im Buch “Die Seele ungeheure Kluft” in Worte gefasst.

Die Nähe zum geschriebenen Wort hatte Gilbert schon lange. Jobbedingt. Als Angestellter im Verlagsmarketing gestaltet er Texte und Fotos für Reiseführer. Aber erst eine persönliche Krise führt ihn dazu, nicht mehr nur das Außen zu beschreiben, sondern seinen Blick nach innen zu richten und über das eigene Leben zu schreiben.

Die Angst tritt auf in Griechenland, wohin sich Gilbert von seiner Familie zurückgezogen hatte. “Es war wohl die Einsamkeit, in der alles kumulierte – zur Angstneurose – als körperbezogene Angst bis zur Hypochondrie”, sagt er. “Die erste akute Bedrohung waren entgegenkommende Fahrzeuge, ein zwanghaftes Empfinden einer Kollision. Das war ein nicht zu übersehendes Warnzeichen, daß mein Akku leer war.”

Wiedergeburt als Chance

Gilbert sucht sich Hilfe und beginnt eine Therapie, die er auch in seinem Buch beschreibt:

“Ängste zerreißen meine Gedanken, sie lassen sich nicht abstellen. Ich bin am Ende, auf knapp 60 Kilo zusammengeschrumpft und zu keiner Willensentscheidung mehr fähig. Auf dem Boden liegend, sitzt die Psycho-Ärztin hinter meinem Kopf, ihre Hände streichen über meine Brust, streifen ab was nicht sichtbar ist. Sie ist dabei, den Ritus der Geburt zu wiederholen.

Und dann kommen sie wieder: Suchscheinwerfer der Flak, Maschinengewehrfeuer, Leuchtspuren. Eine kalte Welle rast durch meinen Körper, überzieht mich von Kopf bis Fuß mit einer Gänsehaut, macht mich starr. Plötzlich bedrohen mich scharfe, spitze Gegenstände. Hohe Gebäude muß ich fliehen. Dorian Gray, mit einem Messer sein Bildnis zerfetzend. Ohnmächtig erfahre ich, wie ein grenzenloser Schmerz durch meinen Körper zieht.

Liegen bleiben, sagt die Psycho-Ärztin, es ist erst der Anfang, ein Säugling kann noch nicht laufen. Wiedergeburt als Chance, sein Leben neu zu beginnen.”

Ein halbes Jahr dauert die Therapie.

Der wohl persönlichste Reiseführer

Danach entschließt sich Gilbert zu einer Testwanderung für einen Reiseführer nach Santiago. Er stürzt sich in die Arbeit, sammelt Hintergrundinformationen, Kartenmaterial, probiert neue Software für das Layout. “Alles war Beschäftigungstherapie und damit mir keiner reinredet, gründete ich einen Verlag, die Salem Edition.“ Nach einem halben Jahr war die erste Auflage des ,Jakobsweg der Freude’ fertig.” Es entsteht noch ein Radführer für die gleiche Strecke von Straßburg nach Santiago de Compostela, ehe sich Gilbert an seine eigene Geschichte wagt.

In Gythio auf der Peloponnes wohnt er ein halbes Jahr in einem umgebauten Trafic und schreibt sein Leben bis zur Therapie aus. Es ist sein persönlichster Reisebericht – der durch die eigene Krise. Das Buch schließt mit diesem Absatz:

“Es dämmert bereits, als ich in einem Dorf ankomme; das einzige Gasthaus ist geschlossen, und so frage ich die am Brunnen spielenden Kinder, ob sich vielleicht eine andere Möglichkeit zum Schlafen anbietet. Sie wollen ihre Eltern fragen und beeilen sich; der erste, der zurück ist, überbringt die Einladung seiner Familie, zu ihnen zu kommen. Sie führen mich zu einem winzigen Bauernhaus, wo gerade geschlachtet wurde. Die Wannen mit Fleisch und Würsten stehen noch auf dem Boden der Küche; auf dem Tisch liegen blutige Schlachtutensilien, in der Ecke läuft ein Fernseher – ich sehe, es ist ein Horrorfilm aus den Pariser Katakomben.

Jetzt fehlt nur noch, daß die Türe aufgeht, der Metzger reinkommt und das Messer wetzt, denke ich, da wird sie einen Spaltbreit geöffnet und eine Frau schaut neugierig herein – sie könnte Quasimodos Schwester sein. Ich will nicht behaupten, daß mich das alles völlig kalt läßt, doch ich vertraue darauf, daß Pilger unter einem besonderen Schutz des Himmels stehen.”

Die Gedanken verschwinden

Für Gilbert ist das autobiographische Schreiben mehr als nur Brain Cleaning. Es helfe, Vergangenes greifbar zu machen, um es ruhen lassen zu können und wieder mit Freude auf die Zukunft zu schauen. Das Schreiben hilft, die eigene Geschichte zu verstehen, einzuordnen und die Autorenschaft für das eigene Leben zurückzugewinnen.

“Du fragst dich, was ist passiert, wie konnte es so weit kommen? Erst später merkst du, dass die Fakten nach hinten rücken in deinem Denken – und irgendwann verschwinden. Du bist nicht mehr gezwungen, alles nochmal und immer wieder hervorzuholen und kannst dich mit jedem neuen Tag freuen, daß es vorbei ist…”

Mittlerweile liegt Gilberts Krise viele Jahre zurück. Das Schreiben hat Gilbert allerdings beibehalten. Und heute schreibt er nicht nur Reiseführer…

Danke, Gilbert, für die Einblicke in deine Geschichte.

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