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Was ist Schreibtherapie
Was ist Schreibtherapie.

Was ist Schreibtherapie? Ein Überblick

Schreiben kann helfen, psychische und physische Krankheiten zu überwinden und Leiden zu linden. Die therapeutische Wirkung des Schreibens ist mittlerweile gut erforscht und durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt. Dieser Artikel gibt dir einen Überblick über das Thema Schreibtherapie und versucht, alle wichtigen Fragen rund um Schreiben als Therapie zu beantworten.

Diese Inhalte erwarten dich:

  1. Begriffsklärung: Was ist Schreibtherapie?
  2. Was sind Anwendungsgebiete für Schreibtherapie?
  3. Wie funktioniert Schreibtherapie?
  4. Kann Schreibtherapie andere Therapien ersetzen?
  5. Wie wirksam ist Schreibtherapie?
  6. Wie verbreitet ist Schreibtherapie in Deutschland?
  7. Schreibtherapeuten finden
  8. Fazit

1. Was ist Schreibtherapie?

Sucht man Informationen, wie man das Schreiben therapeutisch nutzen kann, findet man sich in einem Begriffswirrwarr wieder: Da ist von Schreibtherapie, Bibliotherapie und Poesietherapie die Rede. Von expressivem Schreiben und therapeutischem Schreiben. Meinen diese Begriffe nun alle dassselbe oder Unterschiedliches?

Schreibtherapie fokussiert sich wie therapeutisches und expressives Schreiben auf die Tätigkeit des Schreibens als wirksames Mittel, um Krisen und Krankheiten zu bewältigen.

Wobei expressives Schreiben begrifflich weiter gefasst ist und auch das Schreiben zur Persönlichkeitsentwicklung einbezieht. Anders als bei der Schreibtherapie muss kein Leiden mit Krankheitswert vorliegen, sondern es geht darum, gesunden Menschen Schreiben als Weg zur Weiterentwicklung zugänglich zu machen und Schreiben als Selbstcoaching einzusetzen.

Mit expressivem Schreiben kann auch eine von James Pennebaker entwickelte Methodik der Schreibtherapie gemeint sein (Pennebaker’s expressive writing paradigm).

Die Bibliotherapie fokussiert auf das Lesen fremder Texte als therapeutisches Instrument. Hierbei sind in der Regel keine informativen, aufklärenden Texte, sondern poetische Texte gemeint.

Die Poesietherapie (engl. poetry therapy) vereint Schreibtherapie und  Bibliotherapie. Sie nutzt nicht nur das Schreiben, sondern auch das Lesen von fremden Texten für therapeutische Zwecke.

Der Begriff Schreibtherapie wird im wissenschaftlichen Kontext seltener genutzt. Im  deutschsprachigen Raum wird häufiger der umfassendere Begriff Poesietherapie verwendet, selbst wenn beispielsweise in einer Studie ausschließlich schreibtherapeutische Methoden behandelt werden.  

 

2. Was sind Anwendungsgebiete für Schreibtherapie?

Silke Heimes: Warum Schreiben hilft.
Silke Heimes: Warum Schreiben hilft.*

Das klassische Einsatzgebiet der Schreibtherapie sind psychische Krisen und Erkrankungen, also Psychotherapie, Psychosomatik und Psychiatrie (Krankheitsbilder z.B. Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen). Dabei kann sie sowohl in der ambulanten als auch stationären Therapie zum Einsatz kommen.

Aber auch in der Sozialarbeit und der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen kann das Schreiben zur Förderung des Selbstwerts, der sozialen Integration, zur Entwicklung von Kommunikationsfähigkeiten und zur Selbstfindung eingesetzt werden. Coaching, Trauerbegleitung und Arbeit mit älteren Menschen (Gerontologie) sind weitere Bereiche, in denen Schreiben sehr wirksam genutzt werden kann.

Tatsächlich hilft Schreiben auch bei körperlichen Krankheiten wie Asthma, Krankheiten, die mit einer Schwächung des Immunsystems einhergehen (z.B. HIV) oder schmerzbezogenen Erkrankungen und kann zur signifikanten Besserung der körperlichen Symptome führen

Verlinkt sind Beispielstudien. Die Zahl der Studien ist zu allen erwähnten Anwendungsgebieten umfangreich. Für mehr und ausführliche Wirksamkeitsnachweise empfehle ich einen Blick in das sehr detaillierte Buch von Silke Heimes: Warum Schreiben hilft*.

 

3. Wie funktioniert Schreibtherapie?

Zunächst: Die eine Schreibtherapie gibt es nicht. Es gibt viele verschiedene Schreibmethoden, die sich als wirksam bewährt haben und die je nach Persönlichkeitsstruktur des Patienten/Klienten und Krankheitsbild zum Einsatz kommen. In der Regel  besteht eine Poesietherapiesitzung aus fünf bis zwanzig Minuten langen Schreibeinheiten, nach denen Zeit für das Lesen und Besprechen der geschriebenen Texte ist. Schreibtherapie kann im Rahmen einer Einzelsitzung und im Gruppensetting erfolgen.

 

4. Kann Schreibtherapie andere Therapien ersetzen?

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Grundsätzlich kann Poesietherapie als alleinige oder ergänzende Therapie oder als ein Bestandteil einer solchen genutzt werden. Es empfiehlt sich dringend, bei der Entscheidung, inwieweit Schreiben als zusätzliche oder alleinige Therapie in Frage kommt, den bisherigen Psychotherapeuten/Arzt oder einen professionellen Poesietherapeuten einzubeziehen.

 

5. Wie wirksam ist Schreibtherapie?

Anwendungsgebiete Schreibtherapie
Schreibtherapie hilft in emotionalen Krisen.

Die Wirksamkeit einer Schreibtherapie zwar wissenschaftlich gut belegt, jedoch individuell verschieden. So wie nicht jede Psychotherapiemethode oder jeder Psychotherapeut bei jedem Patienten zum gleichen Erfolg führt, erlebt nicht jeder Mensch jede schreibtherapeutische Intervention als hilfreich. Hier führt am Ausprobieren kein Weg vorbei.

Wirksam ist Schreibtherapie unter anderem bei Problemen in den unter “Was sind Anwendungsgebiete für Schreibtherapie?” beschriebenen Bereichen.

Welche Wirkungen sind möglich – Beispiele:

  • Verarbeitung emotional belastender Ereignisse
  • verbesserte Stressbewältigungsstrategien
  • Förderung von Kreativität
  • Förderung der Kommunikationsfähigkeit und soziale Integration
  • Persönlichkeitsentwicklung (z.B. stärkere Selbstwirksamkeit/ mehr Selbstvertrauen)

 

6. Wie verbreitet ist Schreibtherapie in Deutschland?

In anderen Ländern ist Schreibtherapie neben Kunsttherapie, Musiktherapie oder Tanztherapie eine gleichwertig anerkannte kreative Therapiemethode. Vorreiter sind dabei die USA. Dort ist Poesietherapie seit vielen Jahren etabliert und dort findet auch die meiste Forschung zur Wirksamkeit des Schreibens für therapeutische Zwecke statt. Im Vergleich zu anderen psychotherapeutischen Verfahren ist die Poesietherapie allerdings eine recht junge Disziplin. Die meisten wissenschaftlichen Auseinandersetzungen stammen aus den 1990er-Jahren oder später.

In Deutschland fehlt bisher die Anerkennung der Poesietherapie durch die Krankenversicherungen. Schreiben als Therapie führt ein Nischendasein. Wird Poesietherapie angeboten, dann im Rahmen eines etablierten und von den Krankenkassen anerkannten Therapieverfahrens bzw. als nicht-therapeutische Methode im Rahmen von Coaching oder Schreibwerkstätten.

Damit besteht ein Teufelskreis: Die fehlende Anerkennung durch die Leistungsträger im Gesundheitswesen lässt das Verfahren als alleinige Methode für Patienten teuer und weniger vertrauenswürdig erscheinen. Die geringe Nachfrage führt dazu, dass es weniger spezialisierte Therapeuten gibt und wegen schwieriger beruflicher Perspektiven weniger in deren Ausbildung investiert wird. Obwohl es bereits Wirksamkeitsnachweise gibt, braucht es eine breitere Forschung zur Wirksamkeit, um die Attraktivität und Anerkennung der Methode voranzutreiben. 

Schreibtherapeut finden.
In Deutschland führen schreibtherapeutische Verfahren noch ein Nischendasein.

7. Schreibtherapeuten finden

Wer Poesietherapie nutzen möchte, sollte darauf achten, dass der Therapeut eine fundierte psychotherapeutische Ausbildung abgeschlossen hat. Als Psychotherapeut oder Heilpraktiker für Psychotherapie und damit die Zulassung für Heilbehandlungen erhalten hat. Zusätzlich sollte er eine fundierte Weiterbildung in Poesietherapie absolviert haben. Es gibt einige seriöse Ausbildungsinstitute, die bei der Therapeutensuche hilfreich sein können:

Auch einige Jahre Praxiserfahrung des Therapeuten sind von Vorteil. Viele Menschen vergessen, dass es bei Poesietherapie nicht um ein bisschen angeleitetes Schreiben geht, sondern um das professionelle Bearbeiten von psychischen/emotionalen Belastungen. Schlecht durchgeführte Poesietherapie kann genauso viel Schaden anrichten wie jede andere schlecht ausgeführte Therapie. Nicht zuletzt muss das Zwischenmenschliche stimmen. Im Zweifel lieber länger nach einem passenden Therapeuten suchen als Abstriche bei der fachlichen Qualität oder dem persönlichen Wohlbefinden machen.

 

8. Fazit

Schreibt- oder Poesietherapie ist eine wirksame, aber in Deutschland noch wenig beachtete Therapiemethode, die sowohl bei psychischen als auch körperlichen Erkrankungen Verbesserungen erzielen kann und mit ihren Methoden auch für die Persönlichkeitsentwicklung wunderbar eingesetzt werden kann. 

 

Quellen & weiterführende Literatur:

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