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Schreibmeditation: Wie du mit Stift und Papier zu deiner inneren Mitte findest

Wenn du Meditationsanfänger bist und dich mit dem Sitzen in der Stille (noch) nicht richtig anfreunden kannst oder schon erfahrener bist, aber etwas Neues ausprobieren möchtest, können Schreibmeditationen eine echte Alternative für dich sein.

Dass Meditation viele Vorteile hat, ist mittlerweile wissenschaftlich gut erforscht. Leichter macht es das Meditieren trotzdem nicht. Oft wird mit Meditation nur das stille Sitzen verbunden. Dabei gibt es viele Formen. Ich habe vor einiger Zeit Schreiben als Meditation für mich entdeckt.

Als On- und Off-Meditierender und Schreibjunkie war ich zunächst skeptisch, da Schreiben für mich mit Denken verbunden ist und Meditation ja gerade zum Ziel hat, das leidige Gedankenkarussell zum Schweigen zu bringen. Ich war überrascht, dass Schreiben und Meditation doch so gut zusammengehen. Das Tun und die innere Stille. Vielleicht kann Schreibmeditation auch für dich eine Variante sein, den Lärm in deinem Kopf leiser zu drehen.

Was bringt Schreibmeditation?

Das Ziel von Meditation ist immer gleich: die Beruhigung der Gedanken, die geistige Sammlung. Wer regelmäßig praktiziert, erlebt die Auswirkungen von Meditation in vielen Lebensbereichen, kann sich zum Beispiel besser fokussieren, seinen Tag produktiver gestalten und achtsamer mit seinen eigenen Bedürfnissen und anderen Menschen umgehen.

Wie man diese innere Ruhe der Meditation erreicht, ob über das Sitzen in der Stille, Gehen, Sport oder eben Schreiben, spielt für die möglichen Wirkungen keine Rolle. Jeder kann hier den für sich stimmigsten Weg finden. Schreibmeditationen kann einer sein.

Wann meditieren?

Viele erfahrende Meditierende empfehlen es, morgens zu meditieren. So kannst du  dich in eine achtsame Grundhaltung für den Tag zu bringen. Für mich funktioniert das derzeit mit meinem relativ frühen Arbeitsbeginn allerdings nicht. Ich bin einerseits viel zu müde, um wirklich achtsam zu sein, und andererseits mit meinen Gedanken schon längst im Büro.

Wenn es also nicht deinem Biorhythmus oder Tagesablauf entspricht, dir morgens in Ruhe die Zeit zu nehmen, um zu meditieren und du regelmäßig gehetzt und emotional aufgewühlt an deinem Meditationsort sitzt, dann ist der Morgen einfach nicht dein Moment für Achtsamkeitsübungen. Du kannst dann zum Beispiel genauso gut am Abend praktizieren.

Es gibt viele Menschen, die auf Abendmeditationen schwören,  um den Tag ausklingen zu lassen, die Gedanken zur Ruhe zu bringen und einen erholsamen Schlaf zu unterstützen. Quintessenz: Es gibt keine richtige oder falsche Tageszeit zum Meditieren. Probier aus, was für dich am besten funktioniert.

Vorbereitungen für Schreibmeditation:

  • Wenn du eine Schreibmeditation versuchen willst, suche dir einen ruhigen Ort und stimm dich auf die kommende Auszeit vom Alltag ein.
  • Lege Papier und Stift bereit.
  • Stelle einen Timer auf 10 bis 15 Minuten.
  • Schließe die Augen und nimm einige tiefe Atemzüge.
  • Nimm dann deinen Stift und beginne mit einer der Schreibmeditationen…

Schreiben als Meditation: 4 bewährte Methoden

Es gibt nicht die eine Art, das Schreiben als Meditation zu nutzen. Ich stelle hier einige Varianten vor, die ich selbst ausprobiert habe, die in einer langen Tradition stehen und sich in der Praxis bewährt haben. Am Ende sind es Vorschläge, mit denen du selbst experimentieren kannst.

1. Inspirierende Texte abschreiben

Bei dieser traditionellen Form der Schreibmeditation werden aus spirituellen oder religiösen Texten Passagen langsam per Hand abgeschrieben. Du kannst auch Gedichte oder Passagen aus Büchern abschreiben, die für dich eine besondere Bedeutung haben. Ob aus der Bibel, dem Yogasutra, Werken von Rilke oder „der Alchimist“ von Paulo Coelho – die Texte sollten einfach eine gewisse geistige Tiefe haben, sich also mit den grundlegenden Fragen und Erfahrungen des menschlichen Lebens beschäftigen.

Vielleicht wechselst du die Bücher, vielleicht nimmst du immer dasselbe und wählst nur die Passage, die dich an diesem Tag ganz unwillkürlich anspricht. Versuche dich ganz auf die Worte zu konzentrieren, die du schreibst, sie wirken zu lassen und dich nicht ausgehend von den Inhalten in Tagträumen zu verlieren. Wenn mich mal wieder eine Welle Zukunftsangst überrollt und ich keine klaren Gedanken fassen kann, vertreibe ich meine Worst-Case-Fantasieren so und hole mir stattdessen Rilkes Worte in den Kopf. Wirkt Wunder.

2. Kalligraphische Meditation

Die kalligraphische Meditation ist ähnlich der ersten Variante. Sie stammt aus Asien und wird zum Beispiel im Zen Buddhismus praktiziert. Hierbei steht weniger der Inhalt des Geschriebenen als der Akt des Schreibens  im Vordergrund. Die Bewegung des Schreibens hilft dem Geist, zur Ruhe zu kommen.

Gut eignen sich Zitate oder Aphorismen, die mit Tusche und Pinsel in bunten Farben langsam auf ein Papier gezeichnet werden. Wie die Schrift entsteht und welche Worte gezeichnet werden, lässt man auch dabei intuitiv entstehen. Wichtiger als die Worte ist die Schreibbewegung.

Lass dabei aufkommende Gedanken vorbeiziehen und bleib ganz im Moment. Beobachte den Pinsel, betrachte die feinen Linien. Lass deine Gedanken zur Ruhe kommen und kehre von ihnen, wenn sie dich doch wegtragen, immer wieder in die Stille zurück. Schöner Nebeneffekt: Dabei können schicke Kunstwerke entstehen, die dann als Handlettering gerade ziemlich im Trend liegen.

3. Freies Schreiben aus dem Hier und Jetzt

Die Methode ist angelehnt an die Morning Pages von Julia Cameron, eine bei Autoren und kreativ Schreibenden sehr beliebte Schreibgewohnheit. Schreibe „Jetzt gerade…” auf eine leere Seite und lass die Gedanken und Gefühle kommen. Schreib ungefiltert und ohne große Unterbrechung. Reflektiere nicht währenddessen, warum dir dieser oder jener Gedanke kommt.

Hier geht es nicht darum, das Tagträumen zu vermeiden, vielmehr ist genau das das Ziel: diese unwillkürlichen Gedanken auf Papier zu bringen und den Geist so zu leeren. Das ist meine Schreibmeditation für entspannte Wochenenden, wenn ich dringend auftanken muss. Perfekt, um nach stressigen Wochen voller Reizüberflutung wieder bei mir anzukommen.

4. Beobachtendes Schreiben

Das beobachtende Schreiben hilft allen, die sich beim kalligraphischen Schreiben oder anderen meditativen Handlungen (Teezeremonie, Gartenarbeit) in Tagträumen verlieren, aber ihren Geist zentrieren möchten. Suche dir einen öffentlichen Ort, an dem du gut sitzen kannst und beobachte deine Umgebung. Du kannst dafür eine Bus- oder Zugfahrt nutzen, dich in eine Park setzen oder ein Café.

Schreib, was du siehst. Versuche, mit den Geschehnissen Schritt zu halten. Verlier dich nicht in einer Geschichte, sondern bleib beim schreibenden Beobachten. Du wirst, wenn es ein belebter Ort ist, nicht alles erfassen können, das ist ok. Geh mit deiner Beobachtung, Vollständigkeit ist nicht das Ziel, sondern ganz im Moment präsent zu sein. Du kannst die Übung auch abgewandelt zu Hause durchführen, wenn du dich an eine Szene erinnerst und die Details aufschreibst, die dir noch präsent sind. Wenn du die Möglichkeit hast, empfehle ich dir aber das Beobachten tatsächlicher Geschehnisse, sonst kann es gut passieren, dass du wie ich so häufig in innere Gedankenwelten und aus der Beobachtung gezogen wirst.

Meditatives Schreiben als Gewohnheit?

Wenn du Schreibmeditationen ausprobierst, gib dir selbst ein paar Versuche, ehe du ein Urteil fällst, ob die neuen Techniken für dich funktionieren oder nicht. Um die Wirkungen von Meditation, egal welcher Form, wirklich zu spüren solltest du dir mehr als eine Woche, eher einen Monate Zeit geben.

Für mich ist das schreibende Meditieren eine extrem wertvolle Gewohnheit geworden. Ich nutze es als Ergänzung zur traditionellen Sitzmeditation, die ich auch dann für mich nutzen kann, wenn ich innerlich nicht zum Sitzen in der Stille bereit bin. Ich beobachte, dass ich danach oft kreativere und produktivere Schreibarbeit leisten kann. Vielleicht ist Schreibmeditation für dich auch ein Weg, um mehr Achtsamkeit in deinen Alltag zu bringen.

Wenn du Erfahrungen mit meditativem Schreiben hast, freue ich mich über deinen Kommentar: Was sind Herausforderungen für dich? Und was hat bisher gut funktioniert?

 

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