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Wie du dir eine stabile Journaling-Gewohnheit aufbaust

Du weißt das alles. Schriftlich reflektieren hilft, sich und andere besser zu verstehen, Planung mit Stift und Papier macht den Kopf frei und Dankbarkeitsjournale verschaffen Glücksgefühle. Du willst Journaling ausprobieren. Wenn da nur nicht der innere Schweinehund wäre. Doch es gibt Wege, ihn zu überlisten.

Warum Disziplin nicht hilft

Zuerst dachte ich, wozu hat der Mensch einen Willen. Ich nehme es mir vor, stelle den Wecker eine viertel Stunde vor und dann läuft das. Etwas Disziplin, bitte. Es lohnt sich doch. Aber: Irrtum.

Ich hatte meinen Plan ohne mich gemacht. Die ersten paar Tage lief es gut. Bevor ich das Haus verließ, setzte ich mich  mit einer Tasse Tee hin und schrieb. Nicht lange. Was meine Pläne für heute waren, wie ich mich fühlte, lose Ideen und Dankbarkeit. Ungefähr eine Woche lief es so. Mein Selbstvertrauen stieg. Ich fühlte mich organisierter, zufriedener, ausgeschlafener – trotz ein paar Minuten weniger Schlaf. Bis zu dieser kleiner Irritation.

Dann fand die Weiterbildung statt. Ich war nicht zu Hause. Mein Morgenritual durcheinandergewirbelt. “Nur noch 5 Minuten liegen bleiben!”, säuselt mir mein Schweinehund ins Ohr, während der durchdringende Ton des Weckers meinen Tiefschlaf abrupt beendet. Ich drücke den Snooze Button. Störung beseitigt. Und schon war sie eingebrochen, meine Journaling-Routine, noch bevor ich sie wirklich aufgebaut hatte.

Wenn du selten auf Reisen bist, macht es das nicht unbedingt besser.  Dann hat deine Irritation nur eine Form und Gestalt. Irritationen gehören zum Leben dazu. Ob Schweinehund oder Depression – Gewohnheiten aufzubauen ist immer schwer. Je nach Schweinehund dauert der Kampf länger oder kürzer. Mein Schweinehund ist ausgewachsen und wohlgenährt und hat in der Regel die Gestalt eines schwarzen Hunds. Wenn ich es also geschafft habe, eine Journaling-Gewohnheit zu etablieren, ist das für dich auch möglich.

3 Maßnahmen für eine stabile Journaling-Gewohnheit

Unser Gehirn ist ein lustgetriebener Schmerzvermeider. Und ja, sich hinzusetzen und zu schreiben statt im Bett liegen zu bleiben oder auf dem Sofa den Feierabend zu verbringen, ist erst mal ein Schmerz für dein Gehirn. Daher müssen wir unserem Gehirn die neue Routine so einfach und vor allem so angenehm wie möglich machen.

Charles Duhigg hat in seinem Buch Die Macht der Gewohnheit* beschrieben, wie Gewohnheiten genau aufgebaut sind. Sie bestehen aus drei Bausteinen, die einen sogenannten Habit Loop bilden: einem Trigger, einer Routine und einer Belohnung.

Um eine Journaling-Gewohnheit zu etablieren, musst du in deinem Hirn ein Verlangen nach der Gewohnheitshandlung auslösen – und das gelingt dir, indem du diese drei Elemente einer Gewohnheit, vor allem die Belohnung, attraktiv gestaltest.

  • Trigger: Nutze einen bestehenden Trigger, eine auslösende Handlung, an die du das Journaling knüpfst. Mach es immer zur gleichen Zeit, beispielsweise nach dem Frühstück oder vor dem Gang ins Bad.Oder als erstes, wenn du von der Arbeit nach Hause kommst. Wie es in dein Leben passt.
  • Routine: Reduziere den äußeren Aufwand und fang klein an. Leg Notizbuch und Stift schon am Vorabend bereit. Neben das Bett oder wo auch immer du schreiben magst. Und dann leg die Messlatte nicht zu hoch. Schreib lieber zu Beginn einmal in der Woche, aber dafür regelmäßig oder fünf Minuten jeden zweiten Tag, als dass du dir zu viel vornimmst und an deinen Ansprüchen scheiterst.
  • Belohnung: Verbinde die Routine mit einer kleinen neuen Belohnung, die du dir danach gönnst. Wichtig: Kreiere eine neue Belohnung, die du dir wirklich nur dann gönnst, wenn du geschrieben hast. Und bitte finde eine, die dir nachhaltig guttut und nicht später ein schlechtes Gewissen beschert. Also, einen besonderen Frühstückstee, aber eher keine Chips zum TV-Abend..

Das ist die ganze Kunst. An diesen Stellschrauben musst du drehen, wenn du seltener als du dir eigentlich vorgenommen hast, vor deinem Notizbuch sitzt. Doch zu einer erfüllenden, nutzbringenden Journalinggewohnheit gehört noch etwas mehr.

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Das wirksamste Mittel gegen die Schreibblockade

Wenn ich erst einmal vor dem Notizbuch saß, war der Kopfnebel mein größter Feind. Meine intuitive Reaktion war: Ich bin zu müde. Mir fällt nichts ein. Ich fing lieblos an ein paar Stichpunkte herunterzupinseln. Das ist natürlich nicht Sinn der Sache und führt weder zu Wohlbefinden noch zu anderen hilfreichen Auswirkungen.

Da ich und du nicht die ersten und letzten Menschen sind, denen das so geht, gibt es bereits Lösungen, auf die wir zurückgreifen können:

Nutze ein Template und beantworte die immer gleichen Fragen.

Das klingt unspektakulär und vielleicht sogar langweilig. Die immer gleichen Fragen. Aber das ist genau richtig. Du fängst auch nicht mit der dreifachen Schraube an, wenn du Turmspringen lernen willst. Du trainierst die Basics. Wieder und wieder. Und die Erfolgserlebnisse motivieren dich und du baust neue Elemente in dein Training ein.

Du bekommst die Idee. 

Erst einmal geht es darum, eine Routine aufzubauen. Später kannst du variieren, mal frei schreiben, mal mindmappen, mal Fragen beantworten. 

Die besten Fragen für den Einstieg ins Journaling

Welche Fragen könntest du beantworten? Nicht jede Frage funktioniert für jeden Journaler. Daher musst du ein wenig experimentieren.  Im folgenden findest du eine Liste möglicher Fragen. Manche sind inhaltlich (fast) deckungsgleich, aber die Formulierung kann einen intuitiven Unterschied machen. Wähle die Fragen, die sich für dich stimmig anfühlen.

  1. Wofür bin ich dankbar?
  2. Was sind meine wichtigsten To Dos für heute?
  3. Wie kann ich den heutigen Tag großartig machen?
  4. Wie möchte ich mich heute fühlen?
  5. Was will ich heute beitragen?
  6. Worauf lege ich heute meinen Fokus?
  7. Worauf bin ich stolz?
  8. Was möchte ich heute erleben?
  9. Was möchte ich lernen?
  10. Worüber bin ich glücklich?

Noch mehr Ideen:

Weitere Journaling Tipps: Was gilt es sonst zu beachten?

  • Du solltest dich nicht überfordern und dich auf 3 bis 5 Fragen beschränken. Das empfehlen nicht nur viele Journaler, es hat auch den pragmatischen Vorteil, dass du die Routine so besser in denen Morgen integrieren kannst.
  • Ob du per Hand schreibst oder am Rechner tippst, bleibt dir überlassen. Handschrift ist, weil es Geschriebenes tiefer im Gehirn verankert, aus meiner Sicht aber empfehlenswert.
  • Gib einem Fragenset einige Wochen Zeit, ehe du es wechselst. Es sei denn, dir fällt eine Woche in Folge rein gar nichts auf eine Frage ein oder du spürst anhaltenden inneren Widerstand.

Eine Gewohnheit braucht im Durchschnitt 60 Tage, bis sie fest etabliert ist. Je komplexer die Gewohnheit, desto länger bis zu ihrer Verankerung. Gib dir und dem Journaling also ausreichend Zeit und wirf nicht zu früh die Flinte ins Korn.

Deine Journaling Gewohnheit erfolgreich verändern

Wenn du den Wunsch nach Abwechslung hast, dann solltest du diesem Impuls nachgeben. Deine Intuition weiß schon sehr gut, welche Art des Journalings gerade passend ist. Allerdings behalte unbedingt deinen aktuellen Trigger und deine Belohnung bei, wenn du deine Journaling-Gewohnheit anpasst, sonst mutest du deinem Gehirn zu viel Veränderung auf einmal zu. Variiere allein die Variable Routine.

Willst du den Trigger verändern, dann verändere nur diese Variable und vor allem: lass jeder Veränderung genug Zeit, um so automatisiert zu sein, dass du sie praktisch auf Autopilot ausführst. Dann wird die Abwechslung wirklich zu einem Gewinn und nicht zu einer Irritation deiner Routine.

Journaling ist kein Leistungssport

Und bei allem Experimentieren und Feintuning an deiner Journaling-Gewohnheit vergiss nicht: Entscheidend ist dein subjektives Empfinden. Beim Journaling geht es nicht  darum, etwas durchzuziehen, weil es gerade in ist oder weil man sagt, das es helfen soll. Journaling ist nicht für jeden und das ist ok. Sei ehrlich mit dir selbst, tausch dich über deine Erfahrungen aus.

Manchmal braucht es auch einfach einen Blick von außen und ein wenig Feintuning, damit das Journaling rund läuft und Erfolge zeigt. Melde dich gerne, wenn ich dich dabei unterstützen kann.

 

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Wo stehst du gerade? Hast du bereits eine feste Schreibgewohnheit? Was hilft dir dabei, regelmäßig Zeit fürs Schreiben zu finden?

 

6 comments

  1. Titus says:

    Wieder mal klasse geschrieben, wie Gewohnheiten entstehen, wie man sich welche zu- oder ablegen kann. Da muss ich doch gleich mal über meine Gewohnheiten nachdenken.

  2. Was mir hilft, ist mich damit zu verbinden, warum ich eigentlich schreiben möchte: Weil ich weiß, dass es mir gut tut. Weil ich hinterher neue Ideen habe. Weil es mich entspannt hat. Oder weil ich den Flow-Zustand mag, in den ich dann irgendwann komme.

    Der Trigger funktioniert bei mir beim Schreiben nicht. Das hilft mir allerdings beim Joggen: Aufwachen, auf Toilette und los. Tagsüber habe ich zuviel Zeit darüber nachzudenken, wann der richtige Zeitpunkt zum Joggen ist 😉

  3. steffi says:

    Hallo Paul,

    herrlich Deine Beschreibung zu ” Kopfnebel ” individuell und herrlich formuliert. 🙂

    Viele Grüße von Steffi .

    PS:Danke für Deine wertvollen und angenehmen Tipps zum Journaling etc. und rund um s Schreiben. 🙂

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