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Depressionstagebuch: Schreiben gegen Depressionen

Depressionstagebuch: Wie du das Schreiben nutzen kannst

Ein Depressionstagebuch kann nicht heilen, aber helfen. So gut, dass sogar Kliniken und Therapeuten ihren Patienten empfehlen das Schreiben als Teil der Therapie zu nutzen. Diese Journaling-Methoden kannst du nutzen.

Würde jeder Mensch, der an einer Depression erkrankt ist, ein Depressionstagebuch führen, hätten wir allein in diesem Jahr rund vier Millionen neue Journal-Schreiber gewonnen. Mit anderen Worten: Depression ist zu einer Volkskrankheit geworden.

Mittlerweile sollte jedem klar sein, dass eine Depression kein Schnupfen ist, der von alleine vergeht, sondern eine medizinische bzw. therapeutische Behandlung braucht. Wie ein gebrochenes Bein. So weit, so gut.

Warum also nicht einfach eine Therapie machen?

Warum überhaupt schreiben?

5 Gründe, warum du in einer Depression von Stift und Papier profitierst

Es lohnt sich, das Schreiben in den eigenen Alltag zu integrieren – besonders während Phasen gedrückter oder depressiver Stimmung.

Ergänzung

Therapie ist kein Wundermittel gegen Depression, sondern ein zentraler Baustein auf dem Weg zur Gesundung. Letztlich ist es aber oft die Kombination aus vielen individuellen Veränderungen, die den Unterschied macht. Du musst zwischen den Therapiesitzungen nicht in die Opferrolle verfallen. Es gibt viele Wege, wie du selbst aktiv zur Verbesserung deiner Situation beitragen kannst: Sport bzw. Bewegung, Meditation und Achtsamkeit, Ernährung oder eben das Schreiben können dich unterstützen, mit Belastungen anders umzugehen und dein Wohlbefinden (wieder) in die eigenen Hände zu nehmen.

Vertiefung

Wenn du eine ambulanten Therapie in Anspruch nimmst, finden Termine in der Regel einmal wöchentlich statt, In der Psychoanalyse sind auch mehrere Sitzungen pro Woche üblich. In jedem Fall hast du eine begrenzte Zeit mit dem Therapeuten und es werden viele Themen hochgespült und aufgewirbelt. Es wird einiges in deinen Gedanken und Gefühle in Bewegung kommen. Die Inhalte und Erkenntnisse der einzelnen Sitzungen schriftlich festzuhalten, kann helfen, sie noch einmal zu reflektieren und festzuhalten, damit sie im Laufe der Zeit nicht verblassen, sondern du jederzeit noch einmal nachlesen kannst. Viele Kliniken ermutigen Patienten aus diesem Grund, während der stationären Behandlung Tagebuch zu schreiben.

Vorbereiten

Das Schreiben kannst du auch nutzen, um deine Gedanken zwischen den Sitzungen zu protokollieren und die Entwicklung in deinen Themen zu verfolgen. Oft erscheint in der Depression jeder Tag gleich düster. Das Journaling hilft, das Schwarz-weiß-Denken zu durchbrechen und Veränderungen zu erkennen. Liest du regelmäßig in deinen Aufzeichnungen, kannst du Schlüsse ziehen, welche Aktivitäten oder Umstände sich positiv auf deine Stimmung auswirken und wie du selbst Einfluss auf deine Verfassung nehmen kannst. Du kannst die Notizen nutzen, um die wichtigen – sich wiederholenden – Themen bei deinem Therapeuten anzusprechen. Dein Tagebuch als Gesprächsgrundlage für die Therapie, auch das ist möglich.

Überbrückung

Lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz sind ein gravierendes Problem in Deutschland. Zur Überbrückung werden unter anderem Online-Programme oder Stimmungs-Apps angeboten. Auch das Führen eines analogen Depressionstagebuchs kann eine erste Entlastung bringen.

Nachsorge

Irgendwann ist jede Therapie vorbei und dann geht es daran, das Gelernte und Erkannte im Alltag fortzusetzen. Gerade in der Zeit nach einer akuten depressiven Phase ist das Notizbuch ein Therapeut zum Mitnehmen. Eine regelmäßige und positiv ausgerichtete Journalingroutine kann helfen, die eigene emotionale Balance zu halten und frühzeitig zu erkennen, wenn sich eine neue Krise oder depressive Episode abzeichnet.

Viele Gründe, mit dem Schreiben zu beginnen und dranzubleiben. Ausprobieren lohnt sich in jedem Fall. Deine Rechtschreibung und Zeichensetzung ist übrigens ganz egal. Hauptsache, du kannst deine Gedanken und Gefühle formulieren und deine Notizen später noch lesen. Versuch nicht, Goethe und Schiller Konkurrenz zu machen, sondern beim Schreiben einfach du selbst zu sein.

Welche Methoden Experten für ein Depressionstagebuch empfehlen

Die eine, beste Methode zum Schreiben gegen Depressionen gibt es nicht. Du kannst Kurzgeschichten schreibe und es mag dir helfen, dich besser zu verstehen. Du kannst Gedichte schreiben, um deine Emotionen auszudrücken. Experimentieren mit Worten ist eine recht ungefährliche, aber möglicherweise sehr glücklich machend Angelegenheit.

Wer gerne bewährte Strategien umsetzt und Orientierung sucht, der mag sich an den zwei Herangehensweisen halten:

  1. Journaling Kit der Universität Michigan
  2. Mindset Journaling

Journaling Kit der Universität Michigan

Das Depression Center der Universität empfiehlt, regelmäßig, möglichst täglich ein Depressionstagebuch zu führen und eigenen Gedanken und Gefühle zu notieren.

“Many people find keeping a journal useful in understanding emotions, managing stress, and making decisions and changes in their lives.”

Wer nicht weiß, wie er anfangen kann oder eine Blockade beim Blick auf das weiße Blatt hat, kann die Journaling Impulse im Depressionstagebuch nutzen, die das Depression Center anbietet. Nicht jeder wird für dich passen, nutze einfach die Frage, die dich anspricht als Einstieg, um in einen Schreibfluss zu kommen…

Empfohlene Journaling-Impulse bei Depression
1. Hast du dich heute ängstlich, frustriert oder wütend gefühlt?
2. Hattest du heute eine positive Begegnung mit einer Person?
3. Hattest du heute eine negative Begegnung mit einer Person?
4. Gibt es eine Entscheidung, die du heute treffen willst?
5. Hat dich heute etwas oder jemand zum Lachen gebracht?
6. Hast du heute Symptome deiner Depression erlebt?
7. Hast du Nebenwirkungen deiner Medikation erlebt?
8. Was war heute deine größte Herausforderung?
9. Hast du heute Strategien angewendet, die du in der Therapie gelernt hast?
10. Wenn ja, waren sie hilfreich?

Mindset Journaling

Wenn die Gedanken dazu neigen in Negativspiralen abzugleiten, kann das Schreiben helfen, sich konsequent umzufokussieren.  Ersetze deine Selbstzweifel, deine kraftraubenden inneren Dialoge durch hilfreiche und kraftgebende Gedanken. Du kannst je nach Ausdauer und persönlicher Vorliebe einzelne oder alle der folgenden Impulse täglich aufgreifen.

Dankbarkeit

Dankbarkeit ist ein wissenschaftlich gut erforschtes Mittel gegen depressive Stimmungen. Wer täglich notiert, wofür er dankbar ist, profitieren außerdem von besserer Schlafqualität und tut auch seiner körperlichen Gesundheit etwas gutes. Mehr zu den Vorteilen eines Dankbarkeitsjournals

Erfolge

In depressiven Phasen dominieren häufig Versagensgefühle. Man hat den Eindruck, nichts will gelingen, alles scheint unendlich anstrengend. Umso wichtiger ist es, sich die eigenen kleinen Erfolge vor Augen zu führen. Das kann der Spaziergang sein, das Waschen der Wäsche oder das Einhalten von Verabredungen. Würdige auch die kleinen Schritte. Je mehr du die Augen nach Erfolge offen hältst, umso mehr wirst du sie entdecken. Auf diese Weise stärkst du deine Selbstwirksamkeit, dein Bewusstsein, dass du Einfluss auf dein Leben hast und dich auf dich selbst verlassen kannst.

Freude

Wenn dein Alltag nur grau in grau und das ganze Leben sinnlos erscheint, dann hat die Depression deine Wahrnehmung gekapert. Lenke deinen Blick bewusst auf das Gute und Schöne. Notiere fünf gute Dinge, die dir während des Tages widerfahren sind. Das kann alles sein, vom Aufstehen am Morgen über den Hund, den du im Park gesehen hast, bis hin zu einem Film am Abend oder das Gespräch mit einem Freund.

Selbstwirksamkeit

Jeden Tag eine Aufgabe zu notieren, die du erledigen willst, oder eine Liste zu schreiben mit längerfristigen Ziele, erinnert dich daran, warum es sich lohnt zu leben und hilft dir, morgens energievoller in den Tag zu starten.

Du findest Struktur hilfreich? Du bist auf der Suche nach einem Depressionstagebuch?

2 Journal-Empfehlungen

Das 6-Minuten-Journal* unterstützt dich dabei, (wieder) eine positive Grundhaltung dem Leben gegenüber einzunehmen. Trotz aller Herausforderungen. Die enthaltenen Fragen verbinden Dankbarkeit, Affirmation und Würdigung guter Tageserlebnisse. Das Journal ist kein spezielles Depressionstagebuch. Es ist für jeden Menschen geeignet – unabhängig davon, ob eine Depression vorliegt oder nicht. Im besten Fall füllst du es morgens und abends aus. Und richtig, das dauert nicht länger als 6 Minuten.

Mehr zum Konzept des 6-Minuten-Journal

Depressionstagebuch (digital)Fällt es dir schwer, positive Gefühle wachzurufen und Dankbarkeit zu empfinden?

Viele Journale haben für mich in einer depressiven Episode nicht funktioniert. Basierend auf Erkenntnissen der psychologischen Forschung habe ich ein Depressionstagebuch entwickelt, das dir speziell in Phasen gedrückter Stimmung als Coach zur Seite steht und dich unterstützt, aus dem Tal wieder herauszukommen.

Das Journal hilft dir, deine Stimmung zu dokumentieren und positive Einflüsse zu erkennen, wichtige Genesungsfaktoren wie Bewegung, soziale Kontakte, Schlaf und Ernährung im Blick zu behalten und gute Gewohnheiten zu etablieren.

Depressionstagebuch: Not Broken. Just Human.Das Journal gibt’s in zwei Versionen.

Wenn du nicht weißt, ob das Depressionsjournal etwas für dich ist, dem ganzen aber mal eine Chance geben willst, ist die günstige digitale Version für dich perfekt. Einfach herunterladen, Template so oft ausdrucken, wie du magst, und ausfüllen.

Wenn du wie ich länger dran bleibst oder einfach gerne in “echte Bücher” schreibst, dann kannst du dir die Printversion des Depressionstagebuchs holen. Sie ist inhaltlich identisch mit der digitalen Version, verhindert aber, dass du eine lose Blattsammlung anhäufst und gibt deinem Journaling ein schickes Zuhause.

Depressionstagebuch: Nutze, was für dich funktioniert

Du siehst, es gibt viele Möglichkeiten, wie du das Schreiben während einer depressiven Episode, bei einer chronischen Depression oder nach einer akuten Krise nutzen kannst.

Wenn du dich in therapeutischer Behandlung befindest, ist es sicher eine gute Idee mit deinem Therapeuten über dein Vorhaben ein Journal zu führen zu sprechen.

Welche Schreibmethoden hast du vielleicht schon ausprobiert, um depressiven Phasen vorzubeugen oder dich nicht in ihnen zu verlieren?  Welche Fragen hast du zum Thema?

8 comments

  1. Timo says:

    Hallo Paul ein toller Beitrag ich bin sicher das schreiben kann helfen Dinge zu verarbeiten und sich anschließend damit auseinander zu setzen bzw. währendessen. Allerdings muss man auch etwas Krtisch sein es gibt Momente da ist das aufschreiben der eigenen Gedanken nicht befreiend sondern führt dazu das man seine eigenen Probleme viel mehr verewigt und so niemals damit abschließen kann. Ich hoffe du verstehst was ich meine. Also manchmal wäre es notwendig seine Gefühle aufzuschreiben aber danach sollte man die Seite verbrennen 😀

    • Paul says:

      Hallo Timo, danke für deinen Hinweis auf Loslass-Rituale. Verbrennen oder Wegwerfen kann in der Tat helfen, mit dem Aufgeschriebenen “abzuschließen”. Denn du hast Recht, es ist nicht immer passend, seine Texte aufzuheben.

  2. Sandra says:

    Hallo Paul,
    ich bin durch Zufall über deinen Artikel gestolpert und darüber bin ich richtig froh! Selbst vor einigen Jahren in eine schwere Depressionen gefallen, hab ich das Schreiben für mich entdeckt.

    Tagebücher hatte ich ja schon immer geschrieben, mal mehr mal weniger. So richtig intensiv wurde es in meiner “schlimmen” Phase. Dinge die ich nicht in meinen Büchern haben wollte, verbrannte ich – so wie Timo es beschrieb. 🙂 Damals fand ich das alles beinahe peinlich und stand Ängste aus, wenn mein Buch jemand in die Hände bekommen würde!

    Heute ist es so, dass ich jedem Menschen, ob Depression oder nicht, das “Losschreiben” seiner Gedanken und Gefühle wärmstens empfehlen kann/muß!

    Mir geht es heute wieder beinahe ganz gut. Das Schreiben habe ich mir beibehalten indem ich begonnen habe, einen eigenen Blog daraus zu machen und so wie du, deine Erfahrungen und dein Wissen, an andere weiter zu geben.

    Auch wenn ich nicht gerne stolpere … aber das Stolpern über deinen Artikel war super! 🙂
    GLG Sandra

    • Paul says:

      Hallo Sandra, freut mich, dass ich auf gute Weise ein Stolperstein für dich sein konnte :).
      Das höre ich oft, dass eine Krise ein Auslöser fürs Schreiben war. Umso schöner, dass du es beibehalten hast und jetzt auch nutzt, um deine Erfahrungen in die Welt zu tragen. Ich wünsch dir viel Erfolg mit deinem Blog 🙂
      VG
      Paul

  3. Tee-si says:

    Mein Sohn ist vor Jahren in eine Depression gefallen. Ich hatte Glück, denn unser Arzt wusste sofort Rat und hat uns an die richtige Stelle weitergeleitet. Mittlerweile hat sich unser Paul wieder gefangen.

    • Paul says:

      Das ist schön zu hören. Aus deiner Sicht, was hat ihm damals geholfen? Depressionstagebücher sind schließlich nur ein mögliches Puzzleteil von ganz vielen…

  4. Thomas Herter says:

    Hi zusammen,
    Warscheinlich steh ich am anfang einer depressinon,da ich immer so Schübe habe.Ich geh zwar zu einer Terapäutin aber das steht alles erst am Anfang.Vor vier Monaten habe ich mir eine Auszeit von meinem Leben genommen . “Ein Sabatical” .Nein ich bin kein Beamter.Mein Kummpel (weiblich) und auch Terapäutin,hatt mir geraten ein Tagebuch zu führen .Damit ich meine Fotos besser einordnen kann. Denn ich hab eine fast 3 Monatige Reise durch Spanien hinter mir. Mein Motto war nichts Planen und möglichst keine Verkersmittel.
    Erst Jetzt wurde ich mir klar was ich da mit dem Tagebuch angestossen habe.

    • Paul says:

      Hi Thomas, ich wünsch dir viel Kraft und gute Begleiter für diesen Wegabschnitt. Ein Tagebuch ist aus meiner Erfahrung gerade in solchen Zeiten extrem hilfreich. Rettungsboie. Und es gibt so viele Formen, den innere Prozess mit Stift und Papier zu unterstützen. Danke fürs Teilen und alles Gute <3

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